Mittwoch, 11. Juni 2014

Widersprüchliche oder fehlende Rechtsprechung ist kein Freibrief

Auch wer sich nicht sicher ist bzw. sein kann, wie Gerichte das Gesetz auf den Sachverhalt hin auslegen, darf nicht einfach Leistungen verweigern und haftet gegebenenfalls auf Schadensersatz.

Dies hat der BGH (Urteil vom 11. Juni 2014 – VIII ZR 349/13) nun in einer mietrechtlichen Angelegenheit geklärt (Pressemitteilung 92/14).

Die Mieter einer Dreizimmerwohnung in Deutschland halten sich seit 15. November 2010 berufsbedingt in Kanada auf. Sie teilten dem Vermieter den Wunsch der Untervermietung von 2 Zimmern für 2 Jahre an eine namentlich benannte Person mit. Der Vermieter verweigerte die Zustimmung zur Untervermietung. 

Mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts der Vermieter verurteilt, die Untervermietung zu gestatten.

Nun verlangten die Mieter vom Vermieter Zahlung entgangener Untermiete im Zeitraum der beabsichtigten Untervermietung bis zur Rechtskraft des amtsgerichtlichen Urteils in Höhe von insgesamt 7.475 € nebst Zinsen. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Die vom Landgericht zugelassene Revision des Vermieters hatte keinen Erfolg. 

Durch die Verweigerung der Zustimmung zur Untervermietung, hat der Vermieter schuldhaft eine mietvertragliche Pflicht verletzt und ist zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens (Mietausfalls) verpflichtet.

Der Wunsch der Mieter, im Hinblick auf die Arbeitstätigkeit des Mieters im Ausland von berufsbedingt entstehenden Reise- und Wohnungskosten entlastet zu werden, stellt ein berechtigtes Interesse zur Untervermietung eines Teils der Wohnung dar. § 553 Abs. 1 BGB stellt weder quantitative Vorgaben hinsichtlich des beim Mieter verbleibenden Anteils des Wohnraums noch qualitative Anforderungen bezüglich seiner weiteren Nutzung durch den Mieter auf. Von einer "Überlassung eines Teils des Wohnraums an Dritte" im Sinne des § 553 Abs. 1 BGB ist regelmäßig bereits dann auszugehen, wenn der Mieter den Gewahrsam an dem Wohnraum nicht vollständig aufgibt. Hierfür genügt es, wenn er ein Zimmer einer größeren Wohnung zurückbehält, um hierin Einrichtungsgegenstände zu lagern und/oder es gelegentlich zu Übernachtungszwecken zu nutzen.

Der Vermieter kann sich hinsichtlich der verweigerten Zustimmung zur Untervermietung auch nicht auf einen unverschuldeten Rechtsirrtum berufen. Dass die Frage, ob ein Mieter Anspruch auf Zustimmung zur Untervermietung hat, wenn er einen mehrjährigen Auslandsaufenthalt antritt, während dessen er den ihm verbleibenden Teil des Wohnraums nur sporadisch nutzen wird, bislang noch nicht Gegenstand einer höchstrichterlichen Entscheidung gewesen ist, entlastet den Vermieter nicht von der rechtlichen Fehleinschätzung. Der Vermieter hätte sich mit Rücksicht auf eine insoweit bestehende Rechtsunsicherheit nicht der Möglichkeit verschließen dürfen, dass er zur Erteilung der Erlaubnis verpflichtet war, und durfte das Risiko einer Fehleinschätzung nicht den Mietern zuweisen.

Donnerstag, 5. Juni 2014

Mietrecht anders - Vermieter raustragen

Ein Vermieter hat schon manches Mal Interesse an der Besichtigung seiner vom Mieter genutzten Wohnung. Dagegen ist meist nichts einzuwenden. Doch manches Mal läuft es schief.

Eine Vermieterin suchte das vermietete Haus auf, um mit Absprache des Mieters zwischenzeitlich installierte Rauchmelder in Augenschein zu nehmen. Bei dieser Gelegenheit versuchte die Vermieterin, das gesamte Haus zu inspizieren und gegen den Willen des Mieters auch Zimmer zu betreten, die nicht mit Rauchmeldern versehen waren. Sie öffnete dabei ein Fenster und nahm Gegenstände von der Fensterbank. Der Aufforderung des Mieters, das Haus zu verlassen, kam sie nicht nach.

Da geschah das unerhörte. Der Mieter umfasste die Vermieterin mit den Armen und trug sie aus dem Haus.

Wegen dieses Vorfalls erklärte die Vermieterin die fristlose und hilfsweise ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses. Die von ihr erhobene Räumungsklage schaffte es bis zum Bundesgerichtshof (Pressmitteilung 90/2014)

Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat hat entschieden, dass die Kündigung weder als fristlose Kündigung noch als ordentliche Kündigung wirksam ist. Die Parteien hatten verabredet, dass (lediglich) die Räume mit den angebrachten Rauchmeldern in Augenschein genommen werden sollten. Zu einer weiteren eigenmächtigen Besichtigung war die Vermieterin nicht berechtigt. Indem sie dies gleichwohl – gegen den Willen des Mieters – durchzusetzen versuchte und seiner Aufforderung, das Haus zu verlassen, nicht nachkam, hat sie das Hausrecht verletzt. Sie trägt deshalb zumindest eine Mitschuld an dem nachfolgenden Geschehen. Angesichts der Gesamtumstände stellt das mit der Kündigung beanstandete Verhalten des Mieters jedenfalls keine derart gravierende Pflichtverletzung dar, dass der Mieterin deshalb die weitere Fortsetzung des Mietverhältnis nicht zugemutet werden könnte. Auch von einer Vertragsverletzung von einem Gewicht, das ein berechtigtes Interesse der Vermieterin an der Beendigung des Mietvertrags rechtfertigt, kann unter diesen Umständen nicht ausgegangen werden.