Ein Münchner Mieter, dessen Wohnung im dritten Obergeschoss liegt,
wollte 2012 auf seinem in Richtung Süden weisenden Balkon eine Markise
anbringen und bat seine Vermieterin um Zustimmung hierzu. Diese lehnte
ab. Der Balkon sei komplett überdacht. Eine zusätzliche Beschattung sei
durch einen Sonnenschirm möglich. Würde man einem Mieter das Anbringen
einer Markise gestatten, hätten auch die anderen das Recht dazu und es
käme zu einem völlig uneinheitlichen Erscheinungsbild des Hauses.
Der
Mieter erhob Klage vor dem AG München. Für eine ausreichende Beschattung
brauche er eine Markise. Eine optische Beeinträchtigung sei nicht
gegeben, schließlich sei die Balkonseite nicht einsehbar.
Das AG München (411 C 4836/13) hat die Vermieterin dazu verurteilt, das Anbringen der Markise zu gestatten.
Nach Auffassung des Amtsgericht hat der Mieter aus dem
Mietvertrag ein Recht gegenüber der Vermieterin auf vertragsgemäßen
Gebrauch der Mietsache. Der Grundsatz von Treu und Glauben gebiete es,
dass die Vermieterin nicht ohne triftigen, sachbezogenen Grund dem
Mieter Einrichtungen versage, die diesem das Leben in der Mietwohnung
angenehmer gestalten könnten, und durch die die Vermieterin nur
unerheblich beeinträchtigt und die Mietsache nicht verschlechtert werde.
Auf Seiten der Vermieterin sei natürlich deren Eigentumsrecht zu
berücksichtigen, das sowohl vor optischen als auch ästhetischen
Beeinträchtigungen schütze.
Auf der anderen Seite sei das Recht des
Mieters zu berücksichtigen, sich gegen Beeinträchtigungen seines
Wohngebrauchs zu wehren. Der Schutz vor Sonne auf dem Balkon gehöre als
sozial übliches Verhalten zum berechtigten Wohngebrauch des Mieters. Ein
solcher Schutz könne durch das Aufstellen eines Sonnenschirms auf einem
durch den darüber liegenden Balkon überdachten Balkon nicht ausreichend
erreicht werden, da die Sonne im Tagesverlauf aus unterschiedlichen
Richtungen auf den Balkon scheine und ein Sonnenschirm im Wesentlichen
nur den Einfallwinkel von oben und nur einen kleinen Radius abdeckte.
Ein zu starkes Neigen des Schirmes sei aus statischen Gründen nicht
möglich und würde auch den Balkonbereich zu sehr abdichten. Viele
Stunden am Tag könnte somit die Sonne ungehindert auf den Balkon
scheinen, so dass aus gesundheitlichen Gründen gerade an Tagen, die auf
Grund der Wetterlage auf dem Balkon verbracht würden, der Balkon nicht
ausreichend genutzt werden könnte. Das Aufstellen mehrerer Sonnenschirme
sei nicht zumutbar, da damit der ohnehin kleine Raum des Balkons zu
sehr verstellt werde. Außerdem sei davon auszugehen, dass das Aufstellen
mehrerer Sonnenschirme auf dem Balkon statt der Anbringung einer
Markise das Erscheinungsbild der Anlage stärker beeinträchtige.
Demgegenüber gewährleiste eine Markise den größtmöglich Schutz gegen die
Sonne, ohne die Nutzung des Balkons unzumutbar einzuschränken.
Zwar
werde eine derartige Markise bei ihrer Anbringung mit der Decke des
darüber liegenden Balkons verschraubt und stelle somit eine bauliche
Veränderung dar, die der Genehmigung des Vermieters bedürfe. Es stehe
jedoch nicht im freien Ermessen des Vermieters eine solche Genehmigung
hierzu zu verweigern.
Der Vermieter habe vielmehr seine Zustimmung zu
erteilen, wenn die Beeinträchtigung seines Eigentumsrechts gering sei
und demgegenüber der Mieter in seinem üblichen Wohngebrauch zu stark
eingeschränkt wäre.
Vorliegend habe der Mieter sich ausdrücklich bereit
erklärt, die Markise so zu gestalten, wie die Vermieterin es wünsche.
Damit bleibe ein einheitliches Bild der Fassade besser gewahrt, als wenn
jeder Mieter ein oder zwei Sonnenschirme von unterschiedlichen Farben
auf seinen Balkon aufstelle.
Markisen würden allgemein üblich an
Balkonen angebracht und – anders als Parabolantennen – in der Regel
nicht als optische Beeinträchtigung wahrgenommen, insbesondere dann
nicht, wenn die Anbringung fachgerecht ausgeführt, auf die Gesamtansicht
der Fassade Rücksicht genommen und ein einheitliches Bild geschaffen
werde. Im Hinblick auf die bauliche Veränderung habe der Mieter zudem
zugestanden, bei Auszug wieder den ursprünglichen Zustand des Balkons
wiederherzustellen.
Eine starke Beeinträchtigung des Vermieters durch
die Maßnahme sei somit nicht erkennbar, während andererseits die
Maßnahme dem Mieter das Wohnen in der Mietwohnung wesentlich angenehmer
gestalte.
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