Montag, 8. September 2014

Anspruch auf behindertengerechten Umbau?

Eine Mieterin bewohnt seit dem 01.03.2003 eine Wohnung in München. Sie bewohnt diese Wohnung gemeinsam mit ihrem 1991 geborenen schwerstbehinderten Sohn, der im Elektro-Rollstuhl sitzt. Er ist tagsüber allein zu Hause. Aufgrund der Behinderung verfügt er lediglich über eine verminderte Kraft im Oberkörper und über eine geschwächte Stabilität mit einer erschwerten Koordination beider Hände. Zu Mietvertragsbeginn konnte er die Rollladen-Gurte mit der linken Hand bedienen.

Zum Jahreswechsel 2009/2010 wurden von der Vermieterin neue Fenster und Rollladensysteme eingebaut. Anstelle der bis dahin vorhandenen, mit Gurten versehenen Rollläden, wurden nun Rollläden eingebaut, die mit einer Kurbel zu bedienen sind. Diese Kurbeln kann der Sohn der Mieterin – im Gegensatz zu den früher vorhandenen Gurten – nicht bedienen.

Die Mieterin hat nun am 30.01.2013 Klage erhoben gegen die Vermieterin. Sie verlangt den Umbau der Rollläden derart, dass sie auch von dem schwerbehinderten Sohn bedient werden können. Die Vermieterin weigerte sich, die Rollläden umzubauen. Deshalb erhob die Mieterin Klage vor dem AG München.

Das AG München hat die Klage abgewiesen. Nach Ansicht des Amtsgerichts besteht kein Anspruch auf einen Umbau des Rollladensystems derart, dass es der behinderte Sohn der Mieterin bedienen kann. Aus dem Mietvertrag ergäben sich keine besonderen Vereinbarungen bezüglich einer behindertengerechten Ausstattung der Mieträume, abgestimmt auf die speziellen Bedürfnisse des behinderten Sohnes der Mieterin. Die eingebauten Rollläden seien voll funktionsfähig. Die Tatsache, dass die Rollläden den besonderen Bedürfnissen des Sohnes nicht entsprechen, sei kein Mangel der Mietsache. Beim Austausch der Rollläden habe es sich lediglich um eine Instandhaltungsmaßnahme und nicht um eine Modernisierungsmaßnahme gehandelt. Erhaltungsmaßnahmen seien aber vom Mieter, soweit sie erforderlich sind, zu dulden. Eine Ausnahme wäre dann gegeben, wenn die Vermieterin bewusst eine Ausstattung gewählt hätte, die der Sohn nicht bedienen kann. Dies wäre dann eine Schikane und würde gegen das Schikaneverbot der §§ 242, 226 BGB verstoßen. Dafür gab es aber in diesem Fall keinerlei Anhaltspunkte.

Das Amtsgericht gab der Mieterin noch einen rechtlichen Rat: Sie könne von der Vermieterin Zustimmung zu (von der Mieterin selbst vorzunehmenden und zu zahlenden) baulichen Veränderungen oder sonstigen Einrichtungen verlangen, die für die behindertengerechte Nutzung der Mietsache erforderlich sind, wenn sie ein berechtigtes Interesse daran nachweisen kann.

Im Übrigen könne die Mieterin allenfalls Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands zum Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses verlangen. Soweit sich seitdem der Gesundheitszustand des Sohnes so verschlechtert habe, dass er auch das Gurtsystem nicht mehr bedienen kann, bestehe kein Anspruch auf weitergehende Maßnahmen.

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